Die lauten und die leisen Töne

Stefan Gärtner über Pankaj Mishras bigotte Solidarität mit den Palästinensern

Lange Zugfahrt gehabt, »Spiegel« gekauft und die Abrechnung des »indischen Stardenkers Pankaj Mishra, 56, mit den westlichen Unterstützern der israelischen Kriegsführung« gelesen: »Antisemitismus ist eine sehr starke Kraft. Er darf niemals unterschätzt werden. Aber niemand hat einen Anspruch auf Unfehlbarkeit, indem er sich auf eine Opfererfahrung beruft, die nicht er selbst gemacht hat, sondern seine Eltern oder Großeltern. Schon gar nicht kann dies ein Nationalstaat tun, der die Chance auf Frieden mit seinen Nachbarn ausschlägt und das Land von Menschen besetzt, die er vertrieben hat. Und wir anderen, auch die Deutschen, müssen die moralische Freiheit haben, das Falsche als falsch zu bezeichnen, unabhängig von unserer Vergangenheit.«

Analog müssten Palästinenser sich nicht mehr auf eine Vertreibungserfahrung berufen, die nicht sie selbst, sondern ihre Groß- oder Urgroßeltern gemacht haben, könnten ihren Anspruch auf Unfehlbarkeit aufgeben und sich, gemeinsam mit unseren postkolonialen Stardenkern, daran erinnern, wer jahrzehntelang die Chance auf Frieden mit seinen Nachbarn ausgeschlagen hat. Israel war’s nicht. Es reichte bereits im Jahr der Staatsgründung, welche arabische Armeen mit einem Überfall quittiert hatten, »allen Nachbarstaaten und ihren Völkern die Hand«: »Wir appellieren – inmitten des Angriffs, der schon seit Monaten gegen uns geführt wird – an die arabischen Einwohner des Staates Israel, den Frieden zu bewahren und am Aufbau des Staates auf der Basis von vollständiger und gleichberechtigter Staatsbürgerschaft sowie der gebührenden Vertretung in allen provisorischen und ständigen Einrichtungen mitzuarbeiten.«

Der Appell eines Freitagsgebets, vom palästinensischen Fernsehen im August 2001 übertragen, hatte eine leicht andere Note: »Wir werden sie in Hadera in die Luft jagen, wir werden sie in Tel Aviv in die Luft jagen und in Netanya, so dass Allah uns als Herren über dieses Gesindel emporheben wird … Gepriesen sei, wer eine Gewehrkugel aufbewahrt, um sie durch den Kopf eines Juden zu schießen. Wir werden Jerusalem als Eroberer betreten, und Jaffa, Haifa und Aschkelon.«

Denn Antisemitismus, nicht wahr, ist eine sehr starke Kraft.