Ein verborgenes Leben

Kino aktuell

Ein verborgenes Leben

In einem dreistündigen Epos erzählt Regisseur Terrence Malick die Geschichte Franz Jägerstätters, der 1943 wegen Wehrkraftzersetzung hingerichtet wurde. Von Nicolai Hagedorn

Regie: Terrence Malick; mit August Diehl, Valerie Pachner; USA/Deutschland 2019 (Pandora); 173 Minuten; seit 30.1. im Kino

 

Franz Jägerstätters Geschichte ist tatsächlich eine außergewöhnliche. Der österreichische Bauer verweigerte den Wehrdienst unter den Nazis aus religiösen Gründen und wurde 1943 wegen Wehrkraftzersetzung hingerichtet. Es gibt sicher tausend Wege, daraus einen fesselnden Spielfilm zu machen. Jägerstätters Leben könnte kaum dramatischer sein, und seine Biografie enthält manchen Bruch, dem nachzugehen sich lohnte: das Aufwachsen als uneheliches Kind armer Leute im erzkonservativen Oberösterreich, Adoption durch seinen Stiefvater, seine Zweifel am Glauben oder sein Verhältnis zu seinem vierten, ebenfalls unehelichen Kind. Auch drängt der Stoff Fragen nach dem Politischen im Religiösen auf, etwa inwiefern Jägerstätters frömmelnder Widerstand tatsächlich antifaschistisch war.

Terrence Malick schafft es statt dessen, ein dreistündiges Epos der Langeweile zu drehen, das so penetrant sich und den Regisseur abfeiert – in ewigen Kamerafahrten über Berge und Flüsse, im bis zum Abkotzen durchexerzierten »Familie, Natur, religiöser Spiritualität (gut) verschwinden in der Naturkatastrophe Nationalsozialismus (böse)« –, dass einem der wackere Widerständler leid tun kann, der als Held für eine solche Selbstinszenierung herhalten muss. Es ist schon erstaunlich, wie wenig sich der amerikanische Bildmagier für seinen Protagonisten interessiert. Er streift nur vage einige Punkte der Biografie, erfindet irrelevante Nebenfiguren wie einen agitatorischen Bürgermeister und einen charismatischen Anwalt genauso wie Jägerstätters Weigerung, einen Eid auf Hitler oder Sanitätsdienst zu leisten.

Obwohl Malick nicht in der Lage ist, eine Geschichte vernünftig zu erzählen, gelingt ihm – man hätte es kaum mehr für möglich gehalten – mit der Inszenierung der letzten Minuten in Jägerstätters Leben eine Sequenz, die die Kälte und Nacktheit der Gewalt einer Hinrichtung so eindringlich darstellt, wie man es zuvor selten gesehen hat. Der Rest ist das Malick-übliche Versinken in Naturromantik und ewiger Redundanz: eine epische Meditation in Gottesfürchtigkeit versus das Böse in der Welt. Die Geschichte ist in Malicks immergleicher Kontemplation austauschbar.

Nicolai Hagedorn