LK 21

literatur konkret Nr. 21

Krieg und Literatur

Seit 1989 ist die Welt nicht eben friedlicher geworden, wie abzusehen war. Der Jugoslawische Bürgerkrieg, der Golfkrieg und zahlreiche regionale Konflikte produzierten aber nicht nur attraktive Fernsehbilder, sie erhöhten auch die Nachfrage nach einer Literatur, in der die Erfahrungen von Krieg und seinen Folgen aufgehoben sind. Realistische Literatur von heute ist, jedenfalls in weiten Teilen der Welt, Kriegsliteratur.  
 
Für Deutschland trifft dies nicht zu. Zwar haben hier, 51 Jahre danach, Werke, die sich mit dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust befassen, eine Art Konjunktur, doch bilden sie, gemeinsam mit der aktuellen Kriegen gewidmeten Literatur, nur einen kleinen Teil der Neuerscheinungen dieses Jahres. Den wichtigeren indes - und somit die Mehrzahl der in dieser Ausgabe von Literatur KONKRET vorgestellten Bücher.  
 
Wenn der Krieg nicht Einzug in die Literatur hält, dann kann es sein, daß die Literaten in den Krieg ziehen müssen. Bislang haben nur die wenigsten von ihnen, als es soweit war, die Uniform ungern übergezogen. Die Herren auf den Fotos, mit denen dieses Heft gestaltet ist, sehen aus wie andere Mörder auch. 

Inhalt

Nichts niemand nirgends nie von Kay Sokolowsky
Mit äußerster Präzision beschreibt der serbische Schriftsteller Aleksander Tisma die psychischen und physischen Verheerungen, die der Krieg hinterläßt
 
Suspekte Utopie von Kay Sokolowsky
 
Welt der parallelen Wahrheiten von Klaus Bittermann
Der jugoslawische Bürgerkrieg und die Medien im Sachbuch
 
Überleben im Krieg von Erwin Riess
Lawrence Sutin: Eine Liebe im Schatten des Krieges. Piper Verlag, München-Zürich 1996, 302 Seiten, 39,80 Mark
 
Eine Kindheit in Auschwitz von Heike Runge
In seinem »Roman eines Schicksallosen« beschreibt der ungarische Schriftsteller Imre Kertész den Holocaust aus der Perspektive eines 15jährigen Jungen
 
Tucholsky? Vakooft sich jut! von Stefan Berkholz
Zur bisherigen Editionspraxis des Rowohlt-Verlages anläßlich der Herausgebe von Tucholskys Gesamtwerk
 
»Die Juden sind verbocht« von Hermann L. Gremliza
Kurt Tucholsky in seinen Briefen der Jahre 1933 bis 1935 unter Überschriften des Jahres 1996, zusammengestellt und mit einem Nachwort versehen von Hermann L. Gremliza
 
Tucholsky und die Spätfolgen von Eckhard Henscheid
 
Staatlicher Naturzustand von Georg Fülberth
Yves Ternon: Der verbrecherische Staat. Völkermord im 20. Jahrhundert. Hamburger Edition, Hamburg 1996, 400 Seiten, 58 Mark
 
Ontologie der Gewalt von Gerhard Scheit
Zwei Neuerscheinungen beschwören den Mythos der Gewalt und des Fortschrittdenkens
 
Bei den Patriarchenteichen * von Peter O. Chotjewitz
Es gibt keinen besseren Kommentar zur Geschichte der Sowjetunion als Bulgakows Gesammelte Werke, die nun erstmals vollständig vorliegen
 
Ein SS-Mann schreibt Geschichte von Otto Köhler
Der Historiker Ulrich Herbert hat eine Biographie über Werner Best, eine Zentralfigur der NS-Vernichtungspolitik, veröffentlicht. Sie wirft ein Schlaglicht auch auf die bundesdeutsche Geschichtsschreibung über den Nationalsozialismus
 
Von Nürnberg nach Den Haag? von Oliver Tolmein
Die Nürnberger Prozesse können heute nur bedingt herangezogen worden, um ein Völkerrecht zu statuieren
 
Im »Zwielicht« von Rayk Wieland
Zu den gesammelten Briefen von Franz Jung
 
»ich bins!« von Stefan Ripplinger
Ronald M. Schernikaus Hauptwerk »legende« harrt noch immer der Veröffentlichung