LK 25

literatur konkret Nr. 25

Artiges Volk, enartete Dichter

"In Österreich hat immer das System des Klerikalfaschismus geherrscht, eine geisterhafte Geisteshaltung, für die die Nazis noch zu modern gwesen sind."
Elfriede Jelinek

Österreich – kein Land ohne Eigenschaften, leider. Spätestens seit dem Wahlerfolg von Jörg Haiders FPÖ hat sich dieses Land öffentlich zu einigen seiner häßlichsten bekannt – Eigenschaften, deren Kontinuität eine Vielzahl österreichischer Schriftsteller und Intellektueller beschrieben und bekämpft hat. Literatur Konkret ist, aus Anlaß der neuesten Karriere des völkischen Nationalismus, ihren ästhetischen und politischen Interventionen gewidmet und untersucht am Beispiel von u. a. Jean Améry, Thomas Bernhard, Elfriede Jelinek, Robert Musil und der Wiener Gruppe Leistungen und Grenzen von literarischem Engagement.  
 
Daß es so etwas wie eine erfolgreiche Tradierung des Nationalsozialismus gibt, leuchtet sofort ein, wenn man an Jörg Haider und seine Herkunft aus einer Nazi-Familie denkt. Der ewig grinsende Landeshauptmann hat vor, sein Bundesland zum Modell für ganz Österreich zu profilieren. Rechtsextreme Regierungsmitglieder gibt es hier seit langem, die Subordination der Volksgemeinschaft funktioniert fast lückenlos. Es könnte bald soweit sein, daß etwa Ingeborg Bachmanns oder Peter Handkes Beschreibungen ihrer Jugend in Kärnten sich nicht nur als Erinnerungen, sondern auch als Vorschau lesen lassen. Falls sie dann noch gelesen werden können und nicht auf dem Index landen, auf welchen Elfriede Jelinek und Thomas Bernhard ihre Stücke prophylaktisch selber gesetzt haben. 

Inhalt

  • Österreich - kein Land ohne Eigenschaften, leider
    Spätestens seit dem Wahlerfolg von Jörg Haiders FPÖ hat sich dieses Land öffentlich zu einigen seiner häßlichsten bekannt - Eigenschaften, deren Kontinuität eine Vielzahl österreichischer Schriftsteller und Intellektueller beschrieben und bekämpft hat. LITERATUR KONKRET ist, aus Anlaß der neuesten Karriere des völkischen Nationalismus, ihren ästhetischen und politischen Interventionen gewidmet und untersucht am Beispiel von u. a. Jean Améry, Thomas Bernhard, Elfriede Jelinek, Robert Musil und der Wiener Gruppe Leistungen und Grenzen von literarischem Engagement.
    Daß es so etwas wie eine erfolgreiche Tradierung des Nationalsozialismus gibt, leuchtet sofort ein, wenn man an Jörg Haider und seine Herkunft aus einer Nazi-Familie denkt. Der ewig grinsende Landeshauptmann hat vor, sein Bundesland zum Modell für ganz Österreich zu profilieren. Rechtsextreme Regierungsmitglieder gibt es hier seit langem, die Subordination der Volksgemeinschaft funktioniert fast lückenlos. Es könnte bald soweit sein, daß etwa Ingeborg Bachmanns oder Peter Handkes Beschreibungen ihrer Jugend in Kärnten sich nicht nur als Erinnerungen, sondern auch als Vorschau lesen lassen. Falls sie dann noch gelesen werden können und nicht auf dem Index landen, auf welchen Elfriede Jelinek und Thomas Bernhard ihre Stücke prophylaktisch selber gesetzt haben.
  • Hochzeit mit den Larven
    Von Gerhard Scheit
    Woher kommt und wohin führt literarisches Engagement in der bürgerlichen Gesellschaft?
  • Ihr Kampf
    Hermann L. Gremliza über die Rechtsschreibreform
    Auch Ministern sollte man, eingedenk menschlicher Schwäche, das Recht auf Dummheit nicht absprechen.
  • Züge schlechter Eltern
    Regina Behrendt und Günther Jacob über Ingeborg Bachmanns, Peter Handkes und Jörg Haiders Jugend in Kärnten
  • Das Land feiert
    Porträt eines Österreichers, der keiner mehr sein wollte. Gerhard Scheit über Jean Améry
  • Ewiger Mitläufer
    Von Peter Köhler
    Wie ist sie, "die rotweißrote Rasse"? Darüber gab einer Bescheid, der sie über Jahrzehnte beobachtete, beschrieb und auf der Bühne zur Schau stellte: Helmut Qualtinger
  • Narr am Hof des Höhensonnenkönigs
    Von Willi Winkler
    Musterhaftes Opfer eines "staatlich-faschistisch-sadistischen Erziehungsplans": Thomas Bernhards fortgesetzte Leiden an Österreich
  • Das unrettbare Ich
    Von Georg Seeßlen
    Was nicht erst mit Karl Moik begonnen hat, endet nicht mit Jörg Haider: Österreich als musealer Sonderfall
  • Die große Wehmut der Instrumente
    Von Jürgen Roth
    Alkohol und Standbildprosa gegen den allzu forschen Weltlauf: Joseph Roth revisited
  • Der deutsche Mensch als Symptom
    Von Marit Hofmann
    Vom "Welt-Österreich" zum tausendjährigen Reich: Robert Musils Scheitern am Möglichkeitssinn
  • "Gegnd voller Deppm"
    Von Frank Schäfer
    Austriaphobie mit Ausnahmen: Arno Schmidt und das "südliche Hilfsvolk"
  • Unerhörte Nichtigkeiten
    Von Anton Q.
    Mehrere Anekdoten und Aphorismen über das Wiener Traumduo Egon Friedell und Alfred Polgar
  • Unter den Brotkörben
    Von Peter O. Chotjewitz
    Der Markt vernascht seine Kinder, auch die Unartigen. Zum Beispiel die Wiener Gruppe
  • Liebe, Besitz und Verstümmelung
    Von Erwin Riess
    Aufstieg und Fall des Gendarmen Österreich. Zu Elfriede Jelineks "Gier"
  • Verwirrungen
    Von Rayk Wieland
    Anmerkungen zur Krise im deutschen Verlagswesen

Rezensionen

 - Thomas Schäfer über Marlene Steeruwitz: "Majakowskiring"
- Christel Dormagen über Joyce Carol Oates: "Zombie"
- Günther Jacob über Simon Wiesenthal (Hg.): "Projekt: Judenplatz. Zur Konstruktion von Erinnerung" und über Ulrike Felber/Elke Krasny/Christian Rapp: "Smart Exports. Österreich auf den Weltausstellungen 1851-2000"
- Susanne Fischer über Josef Haslinger: "Das Vaterspiel"
- Erwin Riess über Sebastian Reinfeldt: Nicht-wir und die-da. Studien zum rechten Populismus"
- Gunnar Schubert über Hemut Schnatz: Tiefflieger über Dresden? Legenden und Wirklichkeit"
- Hermann Kant über Anna Seghers: "Hier im Volk der kalten Herzen. Briefwechsel 1947"
- Jens Hoffmann über Ivan Ivanji: "Der Aschenmensch von Buchenwald"
- Mark-Stefan Tietze über David Sedaris: "Fuselfieber"
- Christian Y. Schmidt über Viktor Pelewin: "Generation P"
- Gerhard Henschel über Arnold Zweig: Caliban oder Politik und Leidenschaft. Versuch über die menschlichen Gruppenleidenschaften, dargetan am Antisemitismus"
- Michael Rudolf über Michael Schindhelm: "Roberts Reise"
- Peter Köhler über Martin hecht: Das Verschwinden der Heimat. Zur Gefühlslage der Nation"
- Marit Hofmann über Georg M. Oswald: "Alles was zählt"
- Oliver Maria Schmitt über David Wagner: "Meine nachhaltige Hose"
- Rayk Wieland über Christoph Hein: "Willenbrock"
- Jürgen Pelzer über Stefan Ringel: "Heinrich Mann. Ein Leben wird besichtigt"