Was Deutsche nicht mögen

Der Film „Plan A“ unterscheidet sich von dem Entlastungsmüll, den die hiesige Kulturindustrie seit 1945 produziert. Von Bernhard Torsch

Die Hauptfigur der israelisch-deutschen Koproduktion »Plan A« ist der KZ-Überlebende Max (August Diehl), dessen Frau und Kind ermordet wurden und der sich unmittelbar nach seiner Befreiung der Jüdischen Brigade der britischen Armee anschließt, die NS-Verbrecher exekutiert, woran sie aber bald von den Alliierten gehindert wird. Sein Vorgesetzter rekrutiert ihn für die Hagana, die Vorläuferorganisation der israelischen Streitkräfte, in deren Auftrag er die Untergrundgruppe Nakam infiltrieren soll. Die Nakam (hebräisch für »Rache«) plant, sechs Millionen Deutsche mit vergiftetem Trinkwasser umzubringen. (Der Name dafür lautete »Plan A«. »Plan B« war der Versuch, gefangene SS-Mitglieder mit Arsen zu töten. Beide Pläne existierten, scheiterten aber.) Max soll das verhindern, da die Hagana um die angestrebte Staatswerdung Israels fürchtet, doch als er die Mitglieder der Nürnberger Nakam-Zelle näher kennenlernt, verschieben sich seine Loyalitäten. Bald muss sich Max entscheiden: Rache nehmen oder einfach das tun, was die Nazis verhindern wollten – leben.

Der von den Brüdern Doron und Yoav Paz inszenierte Film ist besser als der seit 1945 produzierte deutsche Entlastungsmüll: Die Darstellung fast aller nichtjüdischen Deutschen als karikaturhafte Antisemiten ist näher an der Realität, als man sich in Geschwister-Scholl-Schulen träumen lässt. Der Schmerz der Überlebenden und ihre Schuldgefühle werden halbwegs überzeugend dargestellt. Auch das Unverständnis, auf das Holocaust-Überlebende oft ausgerechnet bei Juden trafen, die während der Shoah außerhalb Europas lebten, verschweigt der Film nicht. Die darstellerischen Leistungen sind akzeptabel, wobei Sylvia Hoeks (als Nakam-Mitglied Ana) die Grenze zum Overacting gerne mal überschreitet. In »Inglourious Basterds« hatte August Diehl einen SS-Sturmbannführer gegeben. Tarantinos ahistorische antinazistische Phantasie war zwar befriedigender als der meist in der Finsternis spielende »Plan A«, der letztlich am Gewicht seiner Thematik scheitert (oberflächlicher Symbolismus, historische Beschönigungen). Dennoch macht der Film etwas, was Deutsche meist nicht mögen: Er zeigt Juden als handelnde Subjekte, nicht als menschliches Hintergrundrauschen zu arischen Flugblattverteilerinnen und antisemitischen Putsch-Versagern.

»Plan A«. Regie/Buch: Doron Paz, Yoav Paz; mit August Diehl, Sylvia Hoeks, Michael Aloni; Israel/Deutschland 2021; 110 Minuten; ab 9.12. im Kino