Einfach wertlos
Klaus Weber über ein Antikriegsbuch von Gerd Bedszent
Die »Hintergründe des Phänomens Krieg« will er erklären – marxistisch und wertkritisch. So das Vorwort. Doch die Marxsche Theorie hat zum »Phänomen« nicht viel zu sagen. Marx hat vor allem vom »inneren Krieg« kapitalistischer Staaten, vom »Bürgerkrieg« geschrieben, der in manchen »Phasen« offen zutage tritt, meist aber latent sei. Was die wertkritische Seite betrifft, so reicht es dem Autor, jeweils dann, wenn es ihm passt, den »Philosophen Robert Kurz« zu zitieren. Dieser meinte, Kapitalismus sei eine Folge militärischer Aktionen und nicht ein gesellschaftliches Verhältnis, das zur Warenproduktion ausgebeutete Arbeitskraft erheischt und »Mehrwert« (Profit) erzielen will.
Überhaupt arbeitet der Autor nach dem Prinzip: Ich stelle eine Behauptung auf und suche mir dann von Marx, Engels, Kurz oder einem mir bekannten Bücherschreiber ein Zitat raus, das dann hinreichend »belegen« soll, wie wertvoll meine Behauptung ist. Dabei unterlaufen ihm Fehler, die jedem Abiturienten null Punkte einbringen würden: Bei den Kriegsgöttern kennt er nur Männer und vergisst Pallas Athene, die (vor allem in der Ilias) große Freude am Metzeln und Schlachten zeigt; für das Ende des Ersten Weltkriegs macht er die Befehlsverweigerung einer »großen Anzahl der in die Schützengräben Gezwungenen« verantwortlich, obwohl von circa 13 Millionen deutschen Soldaten gerade mal 100.000 desertierten; die faschistische Kriegspropaganda eines Goebbels ist ihm die »bisher wohl schlimmste Konditionierung« der Massen.
Für das bereitwillige und begeisterte Mitmachen eines Großteils der Bevölkerung kann der Autor – weil ideologie-theoretisch unterbelichtet – nur »Manipulation und Repression« in Anschlag bringen. Dass – wie heutzutage – auf »Kriegstüchtigkeit« in allen Staatsapparaten vorbereitet wird (vom Kindergarten über die Hochschulen bis in die Betriebe) und diese »Botschaft« bei den Subjekten auch »ankommen« muss: Leerstelle. Und obwohl die Massen unterdrückt und manipuliert werden, gibt es »immer Hoffnung« in Form der »Gattung Mensch«. Diese soll »aktiv werden«, viel lesen und Antikriegsfilme schauen – so kann sie »die Schrecken vergangener Kriege wahrnehmen, erleben, sich warnen lassen«. Das »Bewusstsein« ist dann »gestärkt« und »eine starke Friedensbewegung« wird es schon richten: »Es ist ganz einfach.«
Gerd Bedszent: Krieg – eine Geschichte ohne En-de. Trafo, Berlin 2025, 156 Seiten, 12,80 Euro
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