VON konkret

Ein Nachtrag zum »Ende des romantischen Fußballs«, das Lars Quadfasel auf Seite 46 dieser Ausgabe beschreibt: Am 8. Dezember trafen sich die Fußballmannschaften Paris Saint-Germain und Istanbul Başakşehir zu einem Spiel der Champions League, in dessen Verlauf der vierte Offizielle Sebastian Coltescu den Schiedsrichter Ovidiu Hategan aufforderte, »dem Schwarzen da drüben« – gemeint war Başakşehirs Cotrainer Pierre Webó – die Rote Karte zu zeigen. Daraufhin protestierten die Spieler beider Teams und verließen im Anschluss das Spielfeld.

Der Fußballfan versteht die Welt nicht mehr, in der der Fußballplatz doch der Ort war, an dem man Spielern wie dem Hessen Jimmy Hartwig mal ein gemeinschaftliches »Du Negerschwein« entgegenbrüllen konnte. Wo sollten jene, denen die Jauchegruben des Internets zu einsam und still sind, jetzt hin mit ihrem gesunden Volksempfinden? In die Kreisliga? Denn dort, wo heute auf Welt-niveau Fußball gespielt wird, sind Spieler in der Mehrzahl, die vermutlich aus eigener Erfahrung wissen, wie man sich fühlt, wenn man rassistisch beleidigt wird, und die nun, da sie im Jahr ein paar Millionen Euro verdienen, nicht länger einsehen, warum sie sich so etwas bieten lassen sollten. Würde man denken. Aber nein. Denn die Geschichte geht so aus:

Başakşehir-Spieler Demba Ba, der Coltescu auf dem Platz darüber aufgeklärt hatte, warum seine Äußerung rassistisch gewesen ist – »Du würdest doch auch nicht sagen, dieser weiße Spieler da war es« –, ist mit dem Schiedsrichter zu einem »Versöhnungstelefonat« (sport.de), zu einem »Friedensgipfel am Telefon« (spox.com) zusammengekommen. Kronzeuge dieser Farce war der senegalesische Ex-Nationalspieler Ousmane N’Doye. Der hatte das Gespräch vermittelt und musste anschließend berichten, dass es sich um ein »Missverständnis« gehandelt habe und Coltescu »ein guter Mensch« sei. Es ist also alles wie gehabt: Der Rassist auch in seiner Fußballfan-Variante ist ein guter Mensch, und der Neger hat keinen Humor.

 

Kurz vor Redaktionsschluss wurde erneut ein Lockdown beschlossen, der in dieser Ausgabe nicht weiter behandelt werden kann. Er bringt allerlei Unannehmlichkeiten und Ungereimtheiten mit sich. Vor allem aber Talkrunden mit Vertretern der christlichen Aberglaubensfraktion, die etwa in Gestalt der Pastorin Ellen Radtke zur besten Sendezeit ihre Kindergartenreime vortragen dürfen: Weihnachten habe gerade in dieser Situation eine wichtige Botschaft – »Fürchtet Euch nicht« und »Es wird wieder hell werden«. Daher könne »dieser Corona-Lockdown auch eine Chance sein, Weihnachten wiederzuentdecken«. Bleibt einem denn nichts erspart?
Für konkret bedeutet der erneute Lockdown, dass der Verkauf der Zeitschrift im Buchhandel wegfällt und weniger Leser an den Kiosken der Bahnhöfe und Flughäfen vorbeikommen werden. In dieser Situation sollten Sie auf Nummer sicher gehen und Abonnent/in werden.

 

Mit dem von Martin Krauß und Heiko Beyer herausgegebenen Sammelband Amerika – Europa. Transatlantizismus als Erkenntnisstrategie würdigte der Verbrecher-Verlag vor kurzem den amerikanischen Soziologen und Politikwissenschaftler Andrei S. Markovits. Markovits’ Buch Amerika, dich haßt sich’s besser. Antiamerikanismus und Antisemitismus in Europa war 2004 in der Reihe konkret texte erschienen. Darin erklärt Markovits, warum die Aversion gegen die USA, die immer lauter und entschiedener wurde, weniger mit der Politik der USA zu tun hat als mit dem Status Amerikas als halluziniertes Gegen-Europa und mit dem europäischen Antisemitismus. Das Buch ist noch über den Verlag zu bestellen.

 

Johannes und Paul Simon haben am 8. Dezember im Freiland/Potsdam Auszüge aus ihrem Buch »Eine Welt voller Wut«. Donald Trump und das Ende der US-Hegemonie
(konkret texte 79) gelesen und kommentiert. Die Lesung wurde mitgeschnitten und ist auf der konkret-Website konkret-magazin.de abrufbar.