Und nicht zu laut

In Hamburg wird über den Wiederaufbau einer Synagoge diskutiert. Von Friederike Gremliza

1902 errichtete die Deutsch-Israelitische Gemeinde die Synagoge auf dem Hamburger Bornplatz, dem heutigen Joseph-Carlebach-Platz. Als während der Novemberpogrome 1938 das Innere der Synagoge von hanseatischen Wutbürgern zerstört wurde, musste die Gemeinde sie auf eigene Kosten abreißen lassen und das Grundstück für einen geringen Betrag an die Stadt verkaufen. Am 14. Juli 1939 hieß es in Hamburgs »Tageblatt«: »Wo heute noch ein paar traurige Trümmer stehen, wird bald ein freundlicher Grünplatz allen Volksgenossen Freude machen.«

Nun soll die Synagoge möglichst originalgetreu wiederaufgebaut werden: Dafür sprach sich nicht nur die Hamburgische Bürgerschaft aus, sondern auch der Hamburger Landesrabbiner, die Initiative Wiederaufbau Bornplatzsynagoge und der Verein Stadtbild Deutschland. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages stellte 65 Millionen Euro bereit, noch einmal soviel soll aus dem Hamburger Haushalt kommen.

Es macht stutzig, wenn der deutsche Staat so willig Geld für eine jüdische Einrichtung rausrückt – vor allem jene, die aus Erfahrung wissen, dass die Deutschen ihre »Vergangenheitsbewältigung« auch wegen des guten Preis-Leistungs-Verhältnisses schätzen: 45 Israelis, unter ihnen Wissenschaftler und Künstler, unterzeichneten einen Brief, mit dem sie »Widerspruch gegenüber dem Ansinnen« anmelden, auf dem ehemaligen Bornplatz »eine Synagoge zu errichten, die der großen, gewaltigen, von den Nazis zerstörten Synagoge nachempfunden ist – an einem Ort, an dem derzeit eine beeindruckende Gedenkstätte existiert«.

Die »beeindruckende Gedenkstätte« besteht aus zwei Tafeln und einem Mosaikpflaster der Hamburger Künstlerin Margrit Kahl, das den Grundriss und das Deckengewölbe der Synagoge auf dem Boden abbildet. Ihr Umfeld wurde mit Bäumen und Sitzbänken versehen – ein typisches Beispiel deutscher Gedenkkultur: angenehm abstrakt und dekorativ.

Trotzdem befürchten die Kritiker des Nachbaus der Synagoge, dieser werde »gewissermaßen den leeren Raum verschwinden lassen, der Erinnerung und Nachdenklichkeit darüber auslöst, was hier zerstört worden ist«. Und der Historiker Moshe Zimmermann, der Initiator des Schreibens, denkt bei dem Vorhaben gar an Björn Höckes erinnerungspolitische Wende um 180 Grad.

Aber Nazis geht es selten um den Bau von Synagogen, die anders als begrünte Bodenmosaike kein Platz sind, der »allen Volksgenossen Freude macht«. Erinnerungspolitisch angemessener wäre wohl ein schöner, tiefer Krater auf dem Gelände. Die 130 Millionen Euro könnte man dann an die paar Überlebenden überweisen, die es noch gibt.