VON konkret

In Afghanistan (und anderswo) hat der Westen seine transformatorischen Kräfte dramatisch überschätzt«, kommentiert die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« zerknirscht angesichts des unrühmlichen Endes der 20jährigen Militärintervention der USA und ihrer Verbündeten in Afghanistan. Wie der Beginn des »Krieges gegen den Terror« und der Angriff der USA und ihrer Partner auf Afghanistan in konkret verhandelt wurden, zeigen im folgenden ausgewählte Zitate, die sämtlich aus der November-Ausgabe des Jahres 2001 stammen und belegen, dass ihre Autoren schon damals mehr über Verlauf und Charakter dieses Krieges wussten, als die Vertreter/innen der veröffentlichten Meinung nach seinem Ende wissen wollen:

Die Staatengemeinschaft wird die Terroristen bekämpfen. Alle rechtschaffenen Deutschen wollen mitmachen, viele aus schäbigen Gründen. Manche, unter ihnen einige aus noch schäbigeren Gründen, wollen das nicht. Der Krieg wird den Terror nicht ausrotten. Die Zustände, die er verschlimmert, produzieren Nachwuchs. (Hermann L. Gremliza)

Große und symbolische Katastrophen sind in der Geschichte der Menschheit immer wieder Anlass zu einem Innehalten gewesen, in dem die Mächtigen der Welt ihre Hybris ablegten, Gesellschaften sich selbst reflektierten und ihre Grenzen erkannten. Nichts dergleichen ist nach dem Kamikaze-Angriff auf die Nervenzentren der USA in der kapitalistischen Weltgesellschaft zu beobachten. Fast scheint es so, als hätte der barbarische Angriff nicht nur das World Trade Center plattgemacht, sondern auch den letzten Rest von Urteilsvermögen der weltdemokratischen Öffentlichkeit. (Robert Kurz)

Die USA wollen mit einem Krieg gegen Afghanistan »die Zivilisation« verteidigen. In Jugoslawien ging es nur um Menschenrechte. Welche Zivilisation? Todesstrafe? Rassismus? Lösung der sozialen Frage in privaten Knästen? Nicht gedacht ist an die Abschaffung der Ausbeutung, nicht mal an die Einführung bürgerlicher Freiheiten. Ginge es um die Frauenbefreiung, wären die illegalen afghanischen Frauenorganisationen unterstützt worden. – Die Taliban werden aus symbolischen und materiellen Gründen gestürzt. Die imperialistische Weltordnung soll reibungslos funktionieren. Der Krieg gegen Afghanistan ist eine Warnung an Störer. (Jutta Ditfurth)

Grundsätzlich tun die USA mit ihrer antiterroristischen Allianz das, was sie in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder taten: Zur Durchsetzung ihrer politischen Interessen stützen sie sich zeitweilig auf Regimes und Figuren, die die amtlich anerkannten Maßstäbe westlicher Zivilisation geradezu verhöhnen. Dialektik der Aufklärung als Realpolitik. (Ralf Schröder)

Auch weniger kriegsbegeisterte Linke glauben seit dem 11. September wieder an eine »zivilisatorische Mission des Westens« (sie meinen natürlich Deutschland). Leute, die es den Sowjets vermutlich einst verübelten, als sie tatsächlich, aber ohne westlichen Dünkel, das Licht der Aufklärung nach Afghanistan brachten, entdecken trotz der westlichen »Ethnien«-Förderung auf dem Balkan nun die angeblich objektiv »emanzipatorische« Funktion der USA und der Nato. Noch nie wurden so viele linke Schwüre auf die Aufklärung, auf die »Menschenrechte« und die »Zivilität unserer Gesellschaften« geschworen. (Günther Jacob)

Die USA haben, wie vermutet, Afghanistan bombardiert, und die einheimische Nordallianz stellt die Bodentruppen. Auf seiner bescheidensten Forderung, der Auslieferung Bin Ladens, tot oder lebendig, wird der »Führer der freien Welt« beharren, nach ihrer Erfüllung vielleicht aber, wenn der vollständige Sieg auf sich warten lässt, aus sicherer Entfernung zuschauen, wie die Nordallianz von den Taliban niedergemacht wird. Dass er sich im »Krieg gegen den Terrorismus« mit einigen der Hauptverdächtigen verbündet, lässt Böses ahnen. (Joachim Rohloff)

 

Im »Neuen Deutschland« schreibt Christof Meueler über Thomas Ebermanns Buch Störung im Betriebsablauf. Systemirrelevante Betrachtungen zur Pandemie (konkret texte 80):

Ebermanns Ausgangspunkt bleibt dagegen »die Analyse der Art des gesellschaftlichen Produzierens«. Für ihn ist klar, dass die fortschreitende Vernutzung der Natur und Durchkapitalisierung der Landwirtschaft der Ursprung der Pandemie ist. Die Pandemie hat also dieselbe Ursache wie die Klimakatastrophe. Obzwar menschengemacht, erscheinen beide als Naturgewalt – das ist moderne Ideologie.

Der Arbeitswissenschaftler Wolfgang Hien schreibt in der September-Ausgabe der »Sozialistischen Zeitschrift«:

Ebermanns neues Buch öffnet den Leser:innen die Augen für die herrschende Irrationalität und fordert sie zu einem tiefen Nachdenken heraus, wie das Leben der kommenden Generationen aussehen soll.

Thomas Ebermann stellt sein Buch, das beim Verlag und im regulären Buchhandel erhältlich ist, am 20. Oktober um 19 Uhr im Frankfurter Club Voltaire, Kleine Hochstraße 5, vor.