Heimatschland
Die NPD heißt jetzt Die Heimat. Von Florian Sendtner
Ob im Edeka, beim Metzger oder beim Bäcker – man kommt ihr nicht aus, der Heimat. Spätestens wenn man zu Hause auf die Papiertüte schaut, wird einem mitgeteilt, man habe das Brot »Aus Liebe zur Heimat« erstanden, ja mit dem gesamten Einkauf habe man Treue zur Heimat bewiesen. Man würde verhungern, boykottierte man alle Lebensmittel, die nur unter dem Label »Heimat« zu erwerben sind. Mit der Heimat konnte man schon immer beste Geschäfte machen, aber mittlerweile wird der Begriff in der Warenwelt so inflationär und nahezu obligatorisch gebraucht, dass einem beinahe was abgeht, wenn er einmal aus Versehen vergessen wurde. Wie? Butter ohne das Heimat-Siegel? Da stimmt doch was nicht! Kommt die etwa aus dem feindlichen Ausland?
Es gibt keinen Propagandabegriff, der so durchschlägt. Wer wollte an der Heimat etwas Schlechtes finden? Wenn die Heimat ruft, stehen mit wenigen Ausnahmen auch Linksverdächtige stramm. Mit ihr, der Heimat, wurden und werden Kriegsverbrechen gerechtfertigt: Helmut Schmidt hatte nie auch nur das geringste Problem mit seiner Wehrmachts-Vergangenheit. Schließlich hat er in Russland nur seine Heimat verteidigt. Und allein die notorischen Nestbeschmutzer sahen und sehen das anders: »Ohne Liebe zur Heimat keine Verbrechen gegen die Menschheit.« (Hermann L. Gremliza)
Keine Frage, dass Nancy Faeser (SPD) von ihrem Vorgänger Horst Seehofer (CSU) das Bundesministerium des Innern inklusive der seit 2018 zusätzlichen Zuständigkeit »für Heimat« übernahm. Hätte sonst womöglich so ausgesehen,
als hätte Faeser ein problematisches Verhältnis zur Heimat. Schlimm genug, dass die Sozen so unzuverlässig sind, wenn es ums Vaterland geht. Aber bei der Liebe zur Heimat gibt es kein Pardon. Dass der Nationalsozialistische Untergrund aus dem Thüringer Heimatschutz hervorging, wen hat das je interessiert?
Nun hat, nach Edeka, Bäcker und Metzger, auch die NPD nachgerüstet und gleich Nägel mit Köpfen gemacht: Sie nennt sich ab sofort nicht mehr NPD, sondern schlicht »Die Heimat«. Ist Faeser jetzt die Patronin der NPD? Ist die Heimat der Deutschen der Nationalsozialismus?
Fragen über Fragen. Franz Dobler hatte schon 1994 eine klare Antwort: »Heimat ist da, wo man sich aufhängt.«