VON konkret

In konkret 1/22 hat Andreas Lugauer sich das Postergirl der »verfolgenden Unschuld« (Karl Kraus), Svenja Flaßpöhler, vorgenommen, die sich von der idiotischen Frage »Sensibilisieren wir uns zu Tode?« zu einem Holocaust-Vergleich veranlasst sah und von diesem zu dem Schluss, man müsse nicht nur die Perspektive der Opfer, sondern auch die der »Nicht-Betroffenen« ernst nehmen. Auch die haben nämlich Gefühle: »Mit großer Sorge«, so gestand Flaßpöhler in einem Podcast mit dem Titel »Hotel Matze«, betrachte sie die »Diffamierung von Personen«. »Dass man sich an meiner Arbeit reibt, finde ich völlig richtig.« In weiten Teilen gehe es jedoch nicht mehr um sachliche Auseinandersetzungen – anders als früher, als man noch ganze Bevölkerungsgruppen sachlich diffamieren durfte.

 

Steffen Klusmann, der Chefredakteur des »Spiegel«, erklärt im Video- und Podcast-Interview dem Mediendienst »Turi2« die gesellschaftliche Funktion seiner Illustrierten: »Die Rolle des ›Spiegels‹ ist die Opposition gegenüber den Mächtigen.« Gefürchtet werden wolle er aber nicht. Er finde es allerdings gut, wenn ein »Fragen-Katalog des Magazins« bei einem Unternehmen Alarm auslöse. Der »Spiegel« war und ist eben »im Zweifel links« beziehungsweise der Fitnesstracker der herrschenden Verhältnisse.

 

Anfang Januar erreichte folgende Nachricht die Redaktion:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

es gibt nur wenige Filme, die so kontrovers diskutiert wurden wie Liliana Cavanis »Der Nachtportier« aus dem Jahr 1974. Das italienische Drama um eine sadomasochistische Beziehung zwischen einer KZ-Inhaftierten und einem SS-Offizier wurde von der italienischen Staatsanwaltschaft direkt nach Erscheinen für unmoralisch erklärt und verboten. Dies hatte einen Streik der Filmindustrie und Proteste von Filmschaffenden, darunter Regisseur Luchino Visconti, zur Folge. In einem Gerichtsverfahren wurde der Film schließlich zum Kunstwerk erklärt und wieder freigegeben. Hauptdarstellerin Charlotte Rampling erlangte durch »Der Nachtportier« schlagartig internationale Berühmtheit.

Am 25. Februar 2022 veröffentlicht Weltkino den Filmklassiker auf Blu-Ray, DVD und digital in einer 4K-restaurierten Fassung. DVD und Blu-Ray enthalten umfangreiches Bonusmaterial, darunter spannende Interviews, Filmgespräche sowie einen informativen Audiokommentar.

Für die konkret-Ausgabe vom April 1975 hatte Hartmut Schulze unter dem Titel »Was ist so sexy am Faschismus?« ein »Plädoyer dafür, einen Film zu verbieten«, verfasst, das leider kein Gehör fand. Im Gegenteil: »Der Nachtportier« lief in Deutschland mit großem Erfolg und wurde als antifaschistisches Kunstwerk gefeiert. Dabei war der Film weder antifaschistisch noch ein Kunstwerk, sondern ein »Konglomerat von Klischees«, das die »perverse Lust als darstellenswerten Gegenstand der KZ-Maschinerie« herausschälte und so »zur Fortsetzung des Verbrechens mit anderen, mit ideologischen Mitteln« führte. Wenn jemand erklärt haben möchte, was Dialektik der Aufklärung meint: dass man revisionistischen Schund endlich auf Blu-Ray, DVD und digital in einer 4K-restaurierten Fassung konsumieren kann.

 

Mit dem neuen Jahr startete der monatliche konkret-Podcast, der ein Thema aus dem jeweils aktuellen Heft behandelt. Für die erste Folge sprach Friederike Gremliza mit Thorsten Mense über das Titelthema des Januar-Hefts: Europas Krieg gegen Geflüchtete. Der halbstündige Podcast wird an jedem ersten Montag des Monats um 15.30 Uhr über das Hamburger Freie Radio FSK gesendet: auf 93,0 MHz beziehungsweise unter fsk-hh.org. Außerdem ist der Stream über die Website der Freien Radios (freie-radios.net) oder die Homepage des konkret-Magazins (konkret-magazin.de/podcasts) abrufbar.

 

Unter dem Motto »Denken statt Talkshow – Reflexionen zur Pandemie« referieren und diskutieren Matthias Becker, Nadja Rakowitz, Thomas Ebermann, Verena Kreilinger und Wolfgang Hien am 20. Februar um 19 Uhr im Hamburger Polittbüro, Steindamm 45.